Im Rahmen des Brandschutzes kam in unserer Klinik die Frage auf, ob nicht auch alkoholfreie Händedesinfektionsmittel genutzt werden können – uns wurde ein Produkt auf Basis von Natriumhypochlorit angeboten. Ist ein solches Händedesinfektionsmittel möglicherweise eine Alternative, um brennbare Flüssigkeiten zu vermeiden?
Frage des Monats - OKTOBER 2023
Dienstag, 17 Oktober 2023
Antwort des ZHI:
Von der Umstellung auf ein Produkt auf Basis von Natriumhypochlorit kann aus einer Vielzahl von Gründen nur abgeraten werden:
- Eine alkoholische Händedesinfektion ist der Goldstandard in der hygienischen Händedesinfektion, dies schreibt nicht nur der VAH, sondern letztlich auch die KRINKO in ihrer Empfehlung zur Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. In den konkreten Empfehlungen inkl. Evidenzkategorie heißt es hier: „Für die hygienische Händedesinfektion sind alkoholbasierte Formulierungen einzusetzen [Kat. IB]. Präparate mit Zusatz antimikrobiell remanent wirksamer Wirkstoffe sind nicht zu empfehlen, da dadurch keine verbesserte Wirksamkeit erreichbar ist, aber das Risiko von Nebenwirkungen ansteigt [Kat. II]. Für die Auswahl der Präparate gewährleistet die Desinfektionsmittelliste des VAH die Erfüllung der Anforderungen an die Wirksamkeit [Kat. IB].“ Eine entsprechende Listung des Produkts kann auf der Seite des Herstellers nicht nachvollzogen werden.
- Vorteil der alkoholischen Händedesinfektionsmittel ist dabei der schnelle Wirkeintritt in 30 sek. und die ausgesprochen gute Hautverträglichkeit der modernen alkoholischen Händedesinfektionsmittel, wohingegen sich die KRINKO zu den anderen Wirkstoffen wie folgt äußert: „Wässrige Lösungen auf Basis von Chlorabspaltern, PVP-(Polyvinylpyrrolidon-) Iod oder Peroxiden sind auf Grund ihrer geringeren Wirksamkeit, schlechteren Hautverträglichkeit als Alkohol basierte Präparate, wegen ihres schlechteren Ausbreitungsverhaltens (Spreitens) auf der Haut sowie der längeren Verdampfungszeit keine Alternative zur Anwendung Alkohol basierter Händedesinfektionsmittel in Gesundheitseinrichtungen.“
- Haupt-Wirkstoff des angefragten Produkts ist Natriumhypochlorit. Aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie und der damit einhergehenden Lieferengpässe kamen derartige Händedesinfektionsmittel zur Anwendung. Der entstehende Chlorgeruch auf der Haut resultiert aus dem entstehenden Chlor bzw. der hypochlorigen Säure, welche oxidierend auf die Haut wirken und letztendlich zu einer Hautreizung/-schädigung führen kann. Desinfektionsmittel mit Natriumhypochlorit kommen daher in der Regel als Flächendesinfektionsmittel zur Anwendung, sind als Handdesinfektionsmittel jedoch nicht zu empfehlen. Der VAH sagt hierzu: „Aufgrund der Instabilität und möglicher Hautirritation durch jetzt im Handel befindliche chlorhaltige Produkte wird dringend von der Verwendung chlorhaltiger Produkte für die Händedesinfektion abgeraten.“
- Darüber hinaus ist die Anwendung, die der Hersteller vorgibt, nämlich eine zweimalige Händedesinfektion in einem Zeitraum von 60 Sekungen, nicht praxistauglich. Es ist daher von einer unzureichenden Wirkung und damit einhergehend einem Anstieg von nosokomialen Infektionen/ Kolonisationen auszugehen – ganz zu schweigen von der mangelnden Compliance bei unangenehmem Geruch und potentieller Hautreizung.
Im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung und bei Berücksichtigung der einschlägigen Empfehlung der KRINKO kann daher nur davon abgeraten werden, von der in Deutschland gängigen Praxis der alkoholischen Händedesinfektion abzuweichen.